Wie sind die Beziehungen Kroatiens zu den Nachbarländern und was sind die Prioritäten der kroatischen Regierung für den kroatischen Vorsitz im Rat der EU?
Was beudeutet die Europawahl für die führenden Parteien HDZ und SDP?
Ungelöste Fragen belasten die Beziehungen Kroatiens mit den Nachbarstaaten
von Senada Šelo Šabić
Im Januar 2020 übernimmt Kroatien den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Nach den bisherigen Botschaften, die man aus der kroatischen Regierung vernehmen konnte, wird eines der Hauptthemen des kroatischen Vorsitzes das Verhältnis zu den Nachbarländern sein, die noch nicht Mitglieder der EU sind. Das wichtigste Ereignis im ersten Halbjahr 2020 soll ein EU-Gipfeltreffen über den westlichen Balkan sein, genau 20 Jahre nach dem ersten solchen Treffen im Jahr 2000 in Zagreb. Auf jenem Gipfeltreffen wurden große Veränderungen in Südosteuropa angekündigt und die EU bekundete damals ihre Bereitschaft, alle Länder der Region als Mitglieder aufzunehmen, nachdem sie die notwendigen Bedingungen erfüllt hätten.
Heute, 20 Jahre nach diesem Ereignis, ist nur Kroatien EU-Mitglied geworden - Slowenien wurde EU-Mitglied noch vor Kroatien im Jahr 2004, aber üblicherweise rechnet man Slowenien nicht zur Gruppe der Westbalkanstaaten. Neben Kroatien, seit 2013 EU-Mitglied, gehören Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nordmakedonien, Kosovo und Albanien zum Westbalkan. Diese sechs Länder haben je einen unterschiedlichen Status gegenüber der EU: einige sind Kandidaten, andere potenzielle Kandidaten für den EU-Beitritt.
Die kroatische Regierung verspricht, mit dem EU-Gipfeltreffen unter ihrem Ratsvorsitzes einen neuen Schwung in den EU-Erweiterungsprozess auf dem Westbalkan zu bringen. Kroatien möchte auf diesem Treffen die Bedeutung der Erweiterung in Richtung Westbalkan hervorheben und sich als ein Land präsentieren, das ein echtes Interesse an der Beschleunigung der Reformen in den Westbalkanstaaten und ihrer Aufnahme in die EU hat.
Die Voraussetzungen dafür allerdings sind denkbar schlecht, denn die Beziehungen Kroatiens mit den Nachbarstaaten sind alles andere als zufriedenstellend. Das gilt für die Beziehungen zu Serbien und Bosnien-Herzegowina, die keine EU-Mitglieder sind, wie auch für die Beziehungen mit Slowenien und Ungarn, die in der EU sind.
Mit keinem der Nachfolgestaaten Jugoslawiens in seiner Nachbarschaft hat Kroatien die Frage der staatlichen Grenze gelöst
Mit den Nachfolgestaaten Jugoslawiens Slowenien, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Montenegro hat Kroatien ungelöste Grenzstreitigkeiten. Die Beziehungen zwischen Slowenien und Kroatien sind aktuell stark durch die Grenzfrage in der Bucht von Piran belastet. Ohne in die Details des Problems eingehen wollen, sei hier darauf hingewiesen, dass Slowenien vor dem Europäischen Gerichtshof gegen Kroatien geklagt hat, weil Kroatien die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Festlegung der Grenzlinie zwischen Slowenien und Kroatien nicht umgesetzt hat. Slowenien behauptet, Kroatien verletze damit das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit während Kroatien die slowenische Seite des Versuchs beschuldigt, die Schiedsrichter zu bestechen. Der bisherige Höhepunkt ist ganz aktuell darin erreicht, dass Slowenien dem kroatischen Geheimdienst vorwirft, den damaligen Vertreter der slowenischen Regierung beim Schiedsgericht abgehört zu haben.
Während wir auf das Urteil des Gerichtshofs warten, bleiben die Beziehungen zwischen den Nachbarländern stark belastet. In vielen anderen Bereichen der Europapolitik wären die beiden Länder ‒ gäbe es den Konflikt um die Grenze nicht ‒ natürliche Verbündete. Stattdessen stellt sich Slowenien sich gegen die Aufnahme Kroatiens in die OECD stellt, und ebenso gegen den Eintritt in den Schengenraum, sollte diese Frage bald auf die Tagesordnung kommen.
Es ist wichtig hervorzuheben, dass – früher oder später – die Grenzfrage gelöst werden muss. Slowenien ist daran interessiert, dies so früh wie möglich zu tun, während Kroatien auf Zeit spielt. Die beste Botschaft für das EU-Gipfeltreffen über den Westbalkan 2020 wäre, wenn die beiden EU-Mitgliedsländer Slowenien und Kroatien eine Lösung ihres Grenzstreits erklären könnten. Leider sind die Aussichten dafür sehr gering und so erscheint die Strahkraft des geplanten Gipfels schon deswegen getrübt.
Es gibt es aber auch weitere Themen, die die so dringend notwendigen optimistischen Botschaften einschränken; Ungarn und Kroatien streiten über den Verkauf des nationalen Erdölkonzerns INA an das ungarische Unternehmen MOL, der durch korrupte Machenschaften des ehemaligen kroatischen Premierministers Ivo Sanader belastet ist, weswegen er in erster Instanz zur zehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt wurde. Der Vorsitzende der Geschäftsleitung der MOL Zsolt Hernadi, ein enger Freund von Viktor Orban, wird beschuldigt, Bestechungsgelder an Sanader gezahlt zu haben. Um Hernadi vor ein kroatisches Gericht zu bringen, wurde auf Gesuch Kroatiens ein Interpol-Haftbefehl gegen ihn erlassen. Er muss folglich bei Reisen außerhalb Ungarns eine Verhaftung befürchten. Als Bedingung für eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen verlangte Ungarn wiederholt, dass Kroatien den Haftbefehl zurücknimmt, jedoch ist dies nicht geschehen. Dessen ungeachett stimmten HDZ-Abgeordnete im Europaparlament gegen eine Resolution, die Ungarn wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit und Einschränkung der Medien- und akademischen Freiheit anprangert. Die offizielle Begründung dieses Verhaltens war, man wolle die guten nachbarschaftlichen Beziehung mit Ungarn nicht belasten; im Gegenzug gab Ungarn seinen Widerstand gegen die Mitgliedschaft Kroatiens in der OECD auf.
Während seines EU-Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2020 möchte Kroatien auf einem EU-Gipfeltreffen in Zagreb den EU-Beitritt der Westbalkanstaaten in den Fokus stellen
Serbien und Kroatien haben eine Reihe von offenen Fragen, die zum größten Teil aus dem Krieg der 1990-er Jahre hervorgegangen sind. Neben der ungelösten Grenzfrage an der Donau und der Lage der kroatischen Minderheit in Serbien, ist aus der kroatischen Sicht besonders dringlich die Frage des serbischen Anspruchs auf universelle Jurisdiktion für die Verbrechen, die während der Kriege in den 1990-er Jahren auf dem Gebiet Jugoslawiens verübt wurden. Kroatien erwartet, dass Serbien das Gesetz über universelle Jurisdiktion ändert (mit dem es u.a. auch kroatische Staatsbürger verurteilen könnte) und die Minderheitenrechte besser schützt. Die Beziehungen zwischen beiden Ländern sind traditionell schwierig und nach der Anzündung der kroatischen Flagge im serbischen Parlament während des Besuchs einer hohen kroatischen parlamentarischen Delegation in Belgrad im Frühling 2018 bemühen sich beide Seiten, keine zusätzlichen Spannungen zu erzeugen. Das gelingt nicht immer, weil die Kritik der Nachbarn für innenpolitische Kämpfe instrumentalisiert wird. Die bilateralen Beziehungen sind durch ein tiefes gegenseitiges Misstrauen gekennzeichnet. Die kroatische Seite geht soweit, dass sie ihre Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft Serbiens davon abhängig macht, dass Serbein alle kroatischen Ansprüche und Bedingungen erfüllt.
Die amtierende konservative Regierung unter Premierminister Andrej Plenković hat Bosnien-Herzegowina (B-H) offiziell zu ihrer außenpolitischen Priorität erklärt. Ihr Hauptaugenmerk richtet sich dabei auf die Kroaten in B-H, die sie als verfassungsmäßig verankerte Fürsorgepflicht betrachtet. Trotz aller diplomatischen Initiativen u.a. im Europaparlament ist sie in der Frage der Wahlgesetzänderung, die kroatische Vertreter in B-H fordern, nicht weitergekommen.
Kroatien und Bosnien-Herzegowina haben ebenfalls ungelöste Grenzstreitigkeiten, weswegen B-H den Bau der Pelješac-Brücke im Süden Kroatiens in Frage stellt. Obwohl die chinesischen Bauarbeiter mit vollem Dampf an der Errichtung dieses strategischen Infrastrukturprojekts arbeiten, wird von der bosnisch-herzegowinischen Seite behauptet, der Bau sei nach Normen des internationalen Rechts nicht zulässig, weil die Seezufahrt zur Küste der B-H behindert werde. Kroatien bestreitet das.
Der neueste Vorfall, der die bilateralen Beziehungen der beiden Länder belastet, ist die Beschuldigung des bosnisch-herzegowinischen Sicherheitsministers, kroatische Geheimdienste hätten versucht, die in B-H lebenden extremistischen Islamisten (Wahhabiten) mit Waffen zu versorgen, um B-H als ein Land darzustellen, in dem bewaffnete Terroristen leben. Die Beschuldigungen werden in Kroatien vehement bestritten. Dieser Vorfall wurde bisher nicht vollständig aufgeklärt, ist aber bezeichnend für die Beziehungen zwischen den beiden Ländern. Zur Bekräftigung seiner Forderung nach Veränderungen in B-H verweist Kroatien immer wieder auf seine EU-Mitgliedschaft, auch wenn bisher eine Unterstützung der kroatischen Positionen durch andere EU-Mitglieder ausgeblieben ist.
Kroatien kann einen Beitrag zur Politik der EU-Erweiterung in den Westbalkanländern leisten, indem es konstruktiv die Stabilisierung der Nachbarländer fördert
Acht Monate vor dem Beginn des kroatischen Vorsitzes im Rat der EU kündigt die kroatische Regierung also an, die Integration der Westbalkanstaaten zu eine ihrer Prioritäten zu machen. Wünschenswert und notwendig wäre, dass der geplante EU-Gipfel in Zagreb zusätzliche Unterstützung für Reformen in der Region mobilisieren, die regionale Zusammenarbeit stärken und die EU-Mitgliedsstaaten dazu anzuspornen könnte, die Erweiterungspolitik gegenüber den Westbalkanstaaten oben auf der Prioritätenliste zu halten. Die beste Anregung für diese Politik wären zweifelsohne erfolgreiche Reformen und Demokratisierung in den Ländern, die der EU beitreten wollen. Einen Beitrag zur Politik der EU-Erweiterung in den Westbalkanländern könnte auch Kroatien leisten, wenn es konstruktiv die Stabilisierung der Nachbarländer fördern würde. Eine solche aktive Einstellung Kroatiens gegenüber den Westbalkanstaaten würde auch den wesentlichen Interessen Kroatiens dienen. Man darf nicht vergessen, dass Stabilisierung und Fortschritt der ganzen Region die Grundlage der Sicherheit Kroatiens sind.
Senada Šelo Šabić ist Forscherin am Institut für Entwicklung und internationale Beziehungen (IRMO) in Zagreb
Kontinuität und Veränderung im kroatischen Parteiensystem
von Nenad Zakošek
In den drei Jahren vor 2018 wurde in Kroatien jedes Jahr gewählt: zunächst in regulären Parlamentswahlen 2015, dann in vorgezogenen Parlamentswahlen 2016, schließlich gab es 2017 reguläre Lokal- und Regionalwahlen. Im Jahr 2018 gab es keine Wahlen; das politische Jahr war eher durch innerparteiliche Spannungen und Konflikte innerhalb der zwei stärksten Parteien - der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) und der Sozialdemokratischen Partei Kroatiens (SDP) geprägt, während die Parteienlandschaft um neue Initiativen erweitert wurde. Nun steht im neuen Jahr eine Reihe von Wahlen bevor: nach den Wahlen zum Europaparlament im Mai finden im Dezember 2019 Präsidentschaftswahlen statt, und spätestens im Herbst 2020 müssen reguläre Parlamentswahlen durchgeführt werden.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die bevorstehenden Wahlen neue Verschiebungen innerhalb des kroatischen Parteiensystems verursachen werden: das auf zwei Blöcken beruhende Parteiensystem wird aller Voraussicht nach endgültig der Vergangenheit angehören. Zunächst hatte sich die HDZ im ersten Jahrzehnt der kroatischen Demokratie nach den ersten freien Wahlen 1990 in Kroatien als die bestimmende Partei etablieren und in allen Wahlen eine ausreichende parlamentarische Mehrheit sichern können; sie bildete mehrmals alleine die Regierung (nur während des Krieges 1991/92 gab es eine kurze Zeit eine Allparteienregierung der „demokratischen Einheit“). HDZs Präsident, Franjo Tuđman, wurde zweimal mit absoluter Mehrheit im erstern Wahlgang zum Staatspräsidenten gewählt, die HDZ konnte auch eine große Mehrheit lokaler und regionaler Einheiten unter ihre Kontrolle bringen. Unter diesen Umständen verwandelte sich die HDZ zu einer Staatspartei, die alle Hebeln der Macht kontrollierte und mit allen Mitteln versuchte, die Opposition zu schwächen. Nach dem Tod Tuđmans 1999 zerbrach diese Machtstruktur und eröffnete den Weg zum Sieg einer breiten Koalition von sechs Parteien unter der Führung der SDP in den Wahlen im Januar 2000. Danach bildete sich ein bipolares Parteiensystem mit HDZ und SDP als tragenden Parteien der rechten und linken Mitte, die um sich kleinere Parteien als Koalitionspartner versammelten. Wahlforscher wiesen immer darauf hin, dass die stabile bipolare Struktur des Parteiensystems Ausdruck tieferer gesellschaftlicher und ideologischer Polarisierungen ist.
Anderthalb Jahrzehnte nach 2000 war das bipolare Parteiensystem, mit HDZ und SDP als den stärksten Parteien, erstaunlich stabil
Anderthalb Jahrzehnte war dieses Zwei-Block-Parteiensystem erstaunlich stabil und bildete auch die Grundlage für den Prozess des EU-Beitritts Kroatiens. Nicht nur HDZ und SDP sondern auch andere parlamentarische Parteien unterstützten die EU-Mitgliedschaft Kroatiens, es gab keine nennenswerte euroskeptische politische Kraft. Die Kehrseite des politischen Konsenses und der Stabilität des Parteiensystems war die Ausbreitung von Klientelismus und Korruption. Dieses System wurde vornehmlich durch die HDZ aufgebaut, aber es wurde auch von anderen Parteien, wenn sie an die Macht kamen, unterstützt und genutzt. Auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene wurde der Staat zur Beute und Geisel der politischen Parteien. Ein Teil der Bürger machte mit; mehr als 10 Prozent aller Wähler in Kroatien sind Mitglieder in einer Partei, wobei die Mitgliedschaft oft weniger auf idelogischer Übereinstimmung basiert sondern durch die Aussicht auf klientelistische Vorteile motiviert ist. Allein die HDZ behauptet, rund 200.000 Mitglieder zu haben, das wären mehr als 5 Prozent der Wählerschaft. Im Rest der Wählerschaft breitete sich eine Politikverdrossenheit aus und das Vertrauen in politische Parteien und staatliche Institutionen insgesamt verringerte sich dramatisch.
Das bipolare Parteiensystem, mit HDZ und SDP als den zwei dominanten Parteien, die sich (zusammen mit ihren Koalitionspartnern) an der Macht abwechseln, ist in den vergangenen Jahren zunehmend unter Druck geraten. Bereits in den Parlamentswahlen 2015 und 2016 konnten zwei neue populistische Parteien, die im Namen der Bürger gegen die etablierten Parteieneliten antraten, Wahlerfolge erzielen und ins Parlament einziehen. Die erste Partei ist Most („die Brücke“), die als Netzwerk von lokalen unabhängigen Listen enstand. Most trat zweimal der HDZ Regierungskoalition bei, jeweils mit dem Anspruch, (inhaltlich nicht präzisierte) Reformen durchzusetzen, wurde aber im April 2017 von Premierminister Andrej Plenković aus der Regierung entfernt. Seitdem hat sich Most immer stärker als katholisch-konservative Partei und erbitterter Kritiker der HDZ von rechts profiliert. Die andere populistische Partei ist Živi zid („Lebende Mauer“), die aus einer Bewegung zum Schutz der Bürger, die wegen säumiger Kreditzahlungen durch Zwangsräumungen gefährdet waren, entstanden ist. Živi zid ist ideologisch schillernd, verbindet aber in ihrem Programm euroskeptische und antikapitalistische Elemente.
Die Europawahl ist ein politischer Test für die Vorsitzenden der HDZ und SDP, Andrej Plenković und Davor Bernardić
Die bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament werden zeigen, ob sich das bestehende bipolare Parteiensystem halten wird. Zum ersten Mal seit 2007 treten die beiden größten Parteien, HDZ und SDP, nicht mit Koalitionslisten, sondern jeweils alleine an. Die Wahl ist zugleich ein Test für die Vorsitzenden der HDZ und SDP, Andrej Plenković und Davor Bernardić, die mit innerparteilicher Opposition kämpfen müssen.
Der politisch moderat konservative Plenković steht unter Druck von rechts, sowohl innerhalb der HDZ als auch durch mehrere katholisch-konservative oder extrem rechte Parteien und Initiativen. Er konnte einen Teil seiner rechten Widersacher in der HDZ ausschalten: 2017 wurde das offen rechtsextreme HDZ-Vorstandsmitglied Zlatko Hasanbegović aus der Partei ausgeschlossen, 2018 verloren katholisch-konservative Politiker, Davor Ivo Stier und Miro Kovač, ihre Posten als Sekretäre der HDZ. Gegenwärtig steht der stärkste Mann des rechten HDZ-Flügels, stellvertretender HDZ-Vorsitzender Milijan Brkić unter Druck, belastet durch eine Affäre, die ihn des Missbrauchs des repressiven Apparats bezichtigt, und wird wahrscheinlich seine Position in der Partei verlieren. Die Kandidatenliste der HDZ für die Europawahl wurde maßgeblich durch Plenković bestimmt, sie wird durch seinen jungen Mitarbeiter (29 Jahre alt) Karlo Ressler angeführt. Plenković braucht ein gutes Wahlergebnis, um seine Führungsposition und den von ihm eingeschlagenen politischen Kurs der HDZ zu bestätigen.
Der SDP-Vorsitzende Davor Bernardić ist, teilweise durch eigenes Verschulden, in einen verhängnisvollen Führungskampf verwickelt, der der SDP sehr geschadet und ihre Umfragewerte stark nach unten gedrückt hat. Auch Bernardić hat die SDP-Kandidatenliste entscheidend geprägt. Sie wird durch zwei erfahrene und gut profilierte SDP-Europarlamen-tarier angeführt, Tonino Picula und Biljana Borzan, die sich nicht an den Führungskämpfen in der Partei beteiligt haben. Ein Kuriosum ist, dass Bernardić auch Mirela Holy, ein ehemaliges SDP-Mitglied und Begründerin der links-grünen Partei ORaH (inzwischen hat sie die Partei verlassen), in die SDP-Liste aufgenommen hat. Das Wahlergebnis könnte über die politische Zukunft von Bernardić entscheiden.
In der Europawahl stehen die führenden Parteien nicht nur unter dem Druck der populistischen Parteien Most und Živi zid, sondern auch neuer politischer Parteien und Koalitionen in allen Segmenten des politischen Spektrums
Das bipolare Parteiensystem und seine zwei stärkste Akteure, HDZ und SDP, stehen aber nicht nur unter dem Druck der beiden erwähnten populistischen Parteien, sondern auch neuer politischer Parteien und Koalitionen in allen Segmenten des politischen Spektrums. Am Sonntag, den 26. Mai, werden wir Auskunft darüber bekommen, in welcher Richtung sich das kroatische Parteiensystem bewegt.
Tab.1. Resultate der vier stärksten Parteien bzw. Koalitionen in Parlamentswahlen 2015 und 2016, Regionalwahlen 2017 und in der Crodemoskop Umfrage in April 2019
Nenad Zakošek ist Professor an der Fakultet der Politischen Wissenschaften in Zagreb
Praška 8 10000 Zagreb Kroatien
+385 1 480 79 70
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