Kroatien ist seit 2013 Mitglied der Europäischen Union und vieles läuft rund im Land. In der 1. Hälfte 2020 wird Kroatien die EU-Ratspräsidentschaft und damit Verantwortung für ganz Europa übernehmen. Und da Deutschland im direkten Anschluss in der 2. Jahreshälfte den Ratsvorsitz übernimmt, gibt es eine enge deutsch-kroatische Zusammenarbeit, an welcher die Friedrich-Ebert-Stiftung auf vielfältige Weise mitwirkt.
Neben den internationalen Themen hat sich die kroatische Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten vor allem mit zwei kritischen Themen befasst: dem historischen Revisionismus und dem wachsenden Druck auf Journalisten. Daher möchten wir Sie mit unserem aktuellen Blickpunkt über diese beiden kritischen innenpolitischen Entwicklungen und Debatten informieren, die wenig Resonanz in ausländischen Medien finden.
Kroatische Journalisten sind durch repressive Vorschriften und Gerichtspraxis verunsichert
Der Kampf um Medienfreiheit
von Slavica Lukić
Am 16. September 2019 nahmen Polizisten der Abteilung Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität den Journalisten des Internetportals Index, Gordan Duhaček, am Flughafen fest und brachten ihn ins Polizeirevier, wo er den Rest des Tages hinter Gittern verbrachte. Duhaček hatte zuvor eine Vorladung zur Polizei wegen einer Dienstreise vorschiftsgemäß verschoben. Erst am Abend wurde er dem Richter am Zagreber Gericht für Ordnungswidrigkeiten vorgeführt, wo ihm mitgeteilt wurde, dass ihm zwei Fälle von Ordnungswidrigkeiten wegen seiner Twitter-Veröffentlichungen zur Last gelegt werden. Im ersten Tweet hatte er vor mehr als einem Jahr der Polizei übertriebene Gewaltanwendung bei einer Intervention in Zadar vorgeworfen. Seinen Kommentar hatte Duhaček mit dem Akronym A.C.A.B. („All Cops Are Bastards“) beendet, was in Kroatien ein Vergehen gegen Amtspersonen darstellt. In einem zweiten Tweet hatte Duhaček eine satirische Umdichtung des patriotischen Gedichts „Vila Velebita“ (die Fee von Velebit) in „Der Kot von Velebit“ vorgenommen, um den Auslauf von Fäkalien in die Plitvicer Seen und in das Adriatische Meer zu kommentieren. Im ersten Fall verurteilte ihn der Richter zu einer Geldbuße. Im Gespräch vor der Verhandlung hatte der Richter Duhaček gedroht, ihn für 30 Tage ins Gefängnis zu stecken, sollte er seine Schuld nicht eingestehen. Im zweiten Fall, in dem Duhaček die Beleidigung moralischer Gefühle der Bürger zur Last gelegt, wurde das Urteil noch nicht gefällt.
Der Fall Duhaček stellt eine neue Dimension der Einschüchterungsversuche kritischer Journalisten und Medien durch kroatische Gerichte dar: er wurde nicht wegen seiner Veröffentlichungen in Medien, sondern wegen seiner Kommentare verurteilt, die er als Privatperson auf Twitter geschrieben hatte.
In Kroatien unterliegen Journalisten einer doppelten Haftung für ihre Veröffentlichungen: einer zivilrechtlichen und einer strafrechtlichen
In Kroatien unterliegen Journalisten einer doppelten Haftung für ihre Veröffentlichungen: einer zivilrechtlichen und einer strafrechtlichen. Obwohl das Mediengesetz vorschreibt, dass für die veröffentlichten Inhalte der Herausgeber verantwortlich ist, verklagen private Kläger sehr oft auch Journalisten auf Schadensersatz. Individuelle Haftung der Journalisten gegenüber Klägern bedeutet, dass sie bei ihrer Arbeit permanent finanziellen Vergeltungsforderungen ausgesetzt sind und auf diesem Wege daran gehindert werden, kritischen Journalismus zu praktizieren.
Ein charakteristisches Beispiel ist der Fall von Jurica Pavičić, dem Journalisten der Tageszeitung Jutarnji list. Sechs Jahre lang dauerte der Rechtsstreit, den der ehemalige Intendant des Nationaltheaters in Split, Duško Mucalo, gegen ihn angestrengt hatte. Pavičić hatte es gewagt, die Qualifikationen des Pop-Sängers, der im Laufe seiner Laufbahn nie etwas mit dem Theater zu tun gehabt hatte, für die Arbeit als Intendant der größten Kulturinstitution in Split in Frage zu stellen. Pavičić war zunächst vom Gespanschaftsgericht rechtskräftig zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 50.000 Kuna (rund 7000 Euro) verurteilt worden. Erst in einem Revisionsverfahren urteilte das Gericht, dass journalistische Kritik am Theaterintendanten dem Interesse der Öffentlichkeit diene und sprach den Journalisten frei. Weniger Glück hatte der Journalist der Tageszeitung Novi list Dražen Ciglenečki. Gegen ihn und seinen Verleger klagte in einer privaten Klage der Präsident des Gespanschaftsgerichts Zagreb, Ivan Turudić. Das rechtskräftige Urteil lautete, dass Novi list und Ciglenečki gemeinsam eine Entschädigung in Höhe von 90.000 Kuna zu zahlen haben für die seelischen Schmerzen, die sie dem Richter durch ihre Texte verursachten hätten (Anlass für den Prozess war ein Kommentar von Ciglenečki, der geschrieben hatte, dass die Art und Weise, wie Richter Turudić die kroatische Regierung öffentlich kritisiere für Kroatien schlimmer wäre als die Anschuldigungen, die zeitgleich der serbische Kriegsverbrecher Vojislav Šešelj gegen Kroatien erhoben hatte; Turudić behauptete daraufhin, Ciglenečki würde ihn mit dem Kriegsverbrecher vergleichen und klagte auf Schadensersatz).
In den letzten drei Jahren wurden insgesamt 1.361 Prozesse vor Gerichten erster Instanz aufgrund von privaten Klagen gegen Herausgeber und Journalisten geführt
Auf Initiative des kroatischen Journalistenverbands hat das Justizministerium in diesem Jahre Daten über die Zahl der privaten Klagen gegen Herausgeber und Journalisten erhoben: in den letzten drei Jahren liefen insgesamt 1.361 Gerichtsprozesse in erster Instanz aufgrund von privaten Klagen gegen Herausgeber und Journalisten. Dabei gab es 417 Klagen im Jahr 2017 und 501 in 2018. Im Jahr 2018 wurden 365 Gerichtsverfahren gegen Herausgeber und Journalisten rechtskräftig beendet, davon 183 durch ein Gerichtsurteil, 29 durch einen Vergleich und 163 durch andere Verfahrensinstrumente. Von den 183 Urteilen wurde in 32% der Fälle die Klage abgewiesen, in 49% der Fälle wurde die Klage teilweise und in 20% der Fälle vollständig angenommen.
Während zivilrechtliche Klagen auf Entschädigung gegen Herausgeber und Journalisten geführt werden, richten sich strafrechtliche Prozesse wegen Veröffentlichungen in den Medien ausschließlich gegen Journalisten. Das kroatische Strafrecht kennt drei Straftaten, die zu Strafverfahren gegen Journalisten führen können: Beleidigung, Verleumdung und Verbreitung schändlicher Nachrichten. Für diese Strafgegenstände sind Geldstrafen vorgesehen und im Falle der Verurteilung muss der Journalist auch die Verfahrenskosten tragen.
Im Jahre 2013 führte das neue Strafgesetz eine neue Straftat ein - Verbreitung schändlicher Nachrichten. Dieser Straftatbestand wurde aus dem Schweizer Strafrecht übernommen (dort wird es in der Praxis nicht angewendet). Dieser zeigte schon im ersten Jahr seiner Anwendung, dass er für kroatische Journalisten verheerende Auswirkungen hat. Das Gericht kann nämlich gemäß dieser Strafvorschrift einen Journalisten aufgrund einer privaten Strafanzeige auch dann verurteilen, wenn die veröffentlichten Behauptungen wahr sind, aber der Richter der Meinung ist, dass die Veröffentlichung der Wahrheit nicht im öffentlichen Interesse ist.
Das erste Urteil aufgrund der Strafbestimmung über die Verbreitung schändlicher Nachrichten wurde gegen die Autorin dieses Texts gefällt für die Veröffentlichung eines Texts, in dem eine intransparente Zahlung der staatlichen Krankenversicherung an die private Klinik Medikol in Höhe von 130 Millionen Kuna kritisiert wurde. Der Richter urteilte, dass die Veröffentlichung der Nachricht nicht im öffentlichen Interesse wäre. Dieses Urteil löste einen Sturm der Empörung bei den Journalisten aus und der Gesetzgeber schwächte daraufhin 2014 die Strafbestimmung ab. Allerdings wurde die Forderung des Journalistenverbands, diese Bestimmung zusammen mit den Tatbeständen der Beleidigung und Verleumdung gänzlich aus dem Strafgesetz zu streichen, nicht erfüllt.
Nach Angaben des Justizministeriums wurden Ende 2018 119 Strafverfahren gegen Journalisten geführt
Die Journalisten sind also weiterhin strafrechtlich für ihre Veröffentlichungen verantwortlich. Nach Angaben des Justizministeriums wurden Ende 2018 insgesamt 119 Strafverfahren gegen Journalisten geführt, die meisten davon wegen Verleumdung. Auch die Zahl der Strafprozesse gegen Journalisten war 2018 größer als im Vorjahr. In manchen Fällen wird für eine Veröffentlichung privat gegen Herausgeber und Journalisten auf Entschädigung geklagt und gleichzeitig eine Strafanzeige gegen den Journalisten erstattet. Dies geschah im erwähnten Fall des Journalisten Dražen Ciglenečki, den Richter Turudić auch strafrechtlich anzeigte. Ciglenečki wurde verurteilt, 30 Tagessätze (7.000 Kuna umgerechnet rund 1000 Euro) als Strafe zu zahlen, außerdem musste er die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen. Eine ähnliche doppelte gerichtliche Verfolgung erfuhr die Autorin dieses Texts im Falle Medikol.
Besonders problematisch ist das Vorgehen der Richter, die gegen mildeste Kritik Klagen erheben, in der Regel die Gerichtsprozesse gewinnen und überdurchschnittliche Entschädigungen zuerkannt bekommen
Besonders problematisch sind drei Gruppen von privaten Klagen gegen Medien und Journalisten. Die erste Gruppe sind Klagen der Richter: sie klagen selbst gegen mildeste Kritik an ihnen, und sie gewinnen in der Regel ihre Gerichtsprozesse und bekommen überdurchschnittliche Entschädigungen zuerkannt. Die zweite Gruppe von bizarren Klagen erhebt die aktuelle Leitung der öffentlichen Fernseh- und Rundfunkanstalt HRT, die mehr als 30 Klagen gegen Medien erhob, deren Journalisten es wagten, ihr Tun einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Unter anderem wurde auch der HRT-Journalist Hrvoje Zovko, zugleich Vorsitzender des Kroatischen Journalistenverbands, verklagt, ebenso Sanja Mikleušević, die dem Zweig des Journalistenverbands im HRT vorsteht, sowie der Journalistenverband selbst. Während die HRT-Leitung mit anderen Medien einen Vergleich erreichte und Klagen zurückzog, sind die Klagen gegen Zovko, Mikleušević und den Journalistenverband weiterhin aktuell. Eine dritte Gruppe stellen besonders absurde Klagen des Rektors der Zagreber Universität Damir Boras dar, der auf diesem Wege seine Kritiker einzuschüchtern versucht.
Die Flut privater Klagen und gerichtlicher Repressionen gegen Journalisten - und im Falle von Gordan Duhaček auch der Einsatz der Polizei - sind in Kombination mit immer schlechteren Gehältern, unsicheren Arbeitsplätzen und dem Druck der Medienbesitzer ein tödlicher Cocktail für die Medienfreiheit in Kroatien. Die kroatische Polizei, das Justizwesen wie auch die politischen Eliten tun sich schwer zu unterscheiden, was Meinungs- und Medienfreiheit ist und was Volksverhetzung und Hassrede. Instrumente, die gegen letztere wirken sollten, werden willkürlich zur Einschüchterung von kritischen Journalisten eingesetzt.
Slavica Lukić ist Journalistin der Tageszeitung Jutarnji list
Verbale und gewalttätige Ausschreitungen führen zum Anstieg politischer Spannungen in Kroatien
Geschichtsrevisionismus und nationalistische Vorfälle im Vorfeld der Präsidentschaftswahl
von Tihomir Ponoš
Die zweite Sommerhälfte war in Kroatien durch eine Reihe besorgniserregender Vorfälle gekennzeichnet: einerseits häuften sich Fälle des Geschichtsrevisionismus, insbesondere die Relativierung des Ustaša-Grußes „für das Heim bereit“ („Za dom spremni“, abgekürzt „ZDS“), andererseits gab es gewalttätige chauvinistische Ausschreitungen gegen Angehörige der serbischen Minderheit.
Ehemalige Angehörige der HOS (der paramilitärischen Miliz der rechtsextremen Kroatischen Partei des Rechts während des Krieges in Kroatien Anfang der 1990-er Jahre) haben sich erneut während der Feierlichkeiten anlässlich des „Tags des Sieges und der vaterländischen Dankbarkeit“ am 5. August in Knin versammelt und skandierten den Ustaša-Gruß „Za dom spremni“. Ihr Kriegskommandant, der diese Versammlung der HOS-Mitglieder anführte, verglich den Ustaša-Gruß mit dem christlichen Gruß „geheiligt seien Jesus und Maria“. Am Tag davor fand in Split, unter der Schirmherrschaft der Stadtverwaltung (von der regierenden HDZ geführt), ein Konzert des Sängers Marko Perković Thompson statt. Sein bekanntes Lied Čavoglave aus dem Jahr 1991, das er auch in Split sang, begann er wie immer mit dem Ustaša-Gruß „ZDS“ und als Reaktion darauf grölte das zahlreiche Publikum ihm den Gruß entgegen. Zehn Tage später fällte der Hohe Gerichtshof für Ordnungswidrigkeiten in letzter Instanz ein Urteil, wonach der Gruß „ZDS“ strafbar ist. Durch das Urteil wurde jedoch nicht der Sänger Thompson bestraft, sondern ein in der Öffentlichkeit wenig bekannter Sänger, der das Lied mit dem „ZDS“-Gruß im Jahr 2015 aufgeführt hatte.
In Kroatien häufen sich Fälle des Geschichtsrevisionismus, wodurch das faschistische Ustaša-Regime relativiert wird
Zuvor war die Gerichtspraxis im Umgang mit dem „ZDS“-Gruß uneinheitlich. Der Hohe Gerichtshof für Ordnungswidrigkeiten urteilte, dass er strafbar ist, aber die meisten Fälle davor wurden vor Gerichten erster Instanz verhandelt, die die Täter freisprachen und die zuständigen Polizeibehörden bzw. Staatsanwälte keine Klage dagegen einreichten. Es kommt immer wieder vor, dass die Polizei bei Gebrauch des „ZDS“-Grußes überhaupt keine Anzeige erstattet. Das Verfassungsgericht hat in seiner Praxis die Urteile des Hohen Gerichtshofs für Ordnungswidrigkeiten bestätigt. Die vom kroatischen Parlament ernannte Ombudsfrau Lora Vidović hatte mehrmals auf die uneinheitliche Gerichtspraxis hingewiesen, ebenso auf die Tatsache, dass die Polizei in den Fällen des öffentlichen Gebrauch des „ZDS“-Grußes oft keine Anzeige erstatten bzw. dass Klagen gegen Freispruch durch erstinstanzliche Gerichte ausbleiben.
Für den Geschichtsrevisionismus sind auch führende Politiker mitverantwortlich. Die Staatspräsidentin Kolinda Grabar Kitarović behauptete eine Zeit lang, dass der „ZDS“-Gruß ein alter kroatischer Gruß sei, was falsch ist. Ende 2018 gab sie diese Behauptung auf, aber ihre Distanzierung davon wurde im Sommer 2019 in ihrem Interview im rechtsextremen Wochenblatt „Hrvatski tjednik“ wieder relativiert. In diesem Interview zeigte sie ein gewisses Verständnis für den Ustaša-Führer Ante Pavelić, den sie folgenderweise charakterisierte: „Ante Pavelić hat einige fatale Fehler gemacht, aber wir sind alle Menschen und niemand von uns sollte den ersten Stein werfen.“ Sie ist eine Kandidatin der politischen Rechte in Kroatien, in erster Linie der regierenden HDZ. Der zweite Kandidat der Rechten in den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen ist Miroslav Škoro, der mitteilte, dass er keine Probleme mit dem „ZDS“-Gruß im Thompson-Lied habe, ohne jedoch genauer zu erklären, was er über diesen Gruß denkt.
Geschichtsrevisionismus wird auch durch die kroatische Staatspräsidentin toleriert, die lange fälschlicherweise behauptete, der Ustaša-Gruß entstamme der kroatischen historischen Tradition
Zum Problem des Umgangs mit den Ustaša-Symbolen gibt es auch die Richtlinien des „Dokuments des Dialogs“, das 2018 von einer von der Regierung ernannten Expertengruppe (bestehend aus Juristen, Historikern und Politikwissenschaftlern) vorgelegt wurde. Die Expertengruppe wurde berufen, nachdem in Jasenovac, dem Ort, wo das größte Konzentrationslager der Ustaša war, im Jahr 2016 eine Gedenktafel für die im Krieg 1991-1995 gefallenen Angehörigen der HOS errichtet wurde. Auf der Tafel war die Losung „ZDS“, die von der HOS im Krieg benutzt wurde, eingemeißelt, was heftige Polemiken auslöste. Das Dokument der Expertengruppe bestätigte den antifaschistischen Ursprung Kroatiens und die Strafbarkeit des öffentlichen Gebrauchs des „ZDS“-Grußes, sah aber ausnahmsweise die Möglichkeit vor, den Gruß straffrei zum Zwecke des Gedenkens an die Gefallenen der Einheiten, die ihn im Krieg trugen, zu benutzen.
Im Laufe des Jahres wurden mehrere durch ethnischen Hass gegen Serben motivierte gewalttätige Angriffe verzeichnet
Im Laufe des Jahres wurden auch mehrere durch ethnischen Hass gegen Serben motivierte gewalttätige Angriffe verzeichnet. Im Februar wurden Wasserballspieler des Belgrader Klubs Roter Stern vor dem Spiel in Split angegriffen, im Juni wurden auf der Insel Brač Saisonarbeiter aus Slawonien (einer kroatischen Region) angegriffen, weil man aufgrund ihrer Aussprache meinte, dass sie Serben sind. Im August griffen im Dorf Uzdolje neben Knin 15 maskierte Täter Serben an, darunter auch Frauen und Kinder, die in einer Cafeteria das Spiel des Fußballklubs Roter Stern Belgrad anschauten. Mehrere kroatische Politiker (Premierminister Plenković, der zuständige Gepanschaftsvorsteher, beide aus der HDZ), aber auch der Bischof von Požega, Antun Škvorčević, verurteilten diese Angriffe, besonders den letzten. Die Staatspräsidentin hat auf den Angriff in Uzdolje nicht reagiert. Die Polizei konnte die Angreifer ermitteln und verhaften.
Milorad Pupovac, Vorsitzender der größten serbischen Partei in Kroatien und Koalitionspartner der regierenden HDZ, hat kurz nach dem Angriff in Uzdolje einen Kommentar gegeben, der von vielen als Gleichsetzen des heutigen Kroatiens mit dem Unabhängigen Staat Kroatien der Ustaša aufgefasst wurde und die Stimmung weiter anheizte. Pupovacs Aussage lautete: „Ich möchte nicht, dass dieses Land die gleiche Erfahrung macht, die einem anderen Versuch der Schaffung des kroatischen Staates im 20. Jahrhundert widerfahren ist, der in sich kolabierte und ein schändliches Ende nahm, weil er auf dem Hass und der Gewalt gegen die Serben gegründet war.“ Er sagte zwar, dass diese Möglichkeit heute nicht real sei, aber am folgenden Tag setzte er nach, dass Kroatien ein Faktor der Instabilität in der Region geworden sei. Daraufhin verlautete der Präsident Serbiens, Aleksandar Vučić, dass es angesichts der Geschehnisse in Kroatien verständlich sei, dass kroatische Serben vor 30 Jahren gegen den kroatischen Staat rebelliert hatten.
Durch die Ereignisse in diesem Jahr ist das Thema der Serben in Kroatien zum Wahlkampfthema der rechten Kandidaten geworden
Wegen seiner Aussagen wurde Pupovac heftig kritisiert. Viele verlangten, dass er sich entschuldige, darunter führende Leute der HDZ, der HSLS und der HDSSB (alle drei Parteien gehören zur Regierungskoalition) und mehrere Kriegsveteranenverbände. Besonders scharf in seiner Kritik war der Verband HVIDRA, der Kriegsinvaliden vereinigt und dessen Vorsitzender HDZ-Abgeordneter im kroatischen Parlament ist. Es wurde über die Stabilität der Regierungskoalition diskutiert und HVIDRA kündigte an, dass ihr Verhältnis zur HDZ überprüft werde, wenn sich Pupovac nicht entschuldigt. Der Präsidentschaftskandidat Miroslav Škoro erklärte, er würde als Präsident den Verbot der SDSS, der Partei von Pupovac, erwägen. HVIDRA bezeichnete die SDSS als Partei, die in Kroatien unerwünscht sei. Nach drei Wochen Debatten zu diesem Thema hat sich Milorad Pupovac nicht entschuldigt. Er betonte, er sei sich sehr wohl des Unterschieds zwischen dem heutigen Kroatien und dem Ustaša-Staat bewusst. Der regierenden HDZ war das ausreichend, Premierminister Plenković sagte, dass Pupovac sich auf seine Weise von seiner früheren Behauptung distanziert habe. Pupovacs Aussagen veranlassten die Staatspräsidentin, ihm einen offenen Brief zu entsenden, in dem sie ihm mitteilte, seine Kritik an Kroatien sei unangemessen, inakzeptabel und böswillig. Die ehemalige Premierministerin Jadranka Kosor verglich diesen Brief der Präsidentin mit dem Gießen von Kerosin ins Feuer.
Durch die Ereignisse in diesem Jahr ist das Thema der Serben in Kroatien und das Verhältnis zu Serbien zum Wahlkampfthema der Präsidentschaftskandidaten Grabar Kitarović und Škoro geworden. Außerdem wird die Zusammenarbeit von HDZ und SDSS auch Thema der innerparteilichen Wahlen in der HDZ sein, die 2020 unmittelbar vor den Parlamentswahlen stattfinden sollen. Miro Kovač, einer der Kandidaten, der sich gegen Andrej Plenković um den HDZ-Vorsitz bewirbt, erklärte, er wolle die Koalition mit der SDSS beenden.
Tihomir Ponoš ist Journalist der Tageszeitung Novi list
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